Einblick in das Leben einer Wasserfroschpopulation

Amphibien im Gartenweiher und andere künstliche Gewässer
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B. Viridis
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Einblick in das Leben einer Wasserfroschpopulation

Beitrag von B. Viridis »

Für alle Wasserfrosch-Begeisterten gebe ich heute mal einen kleinen Einblick in das Leben der Wasserfrösche im Falle einer Wasserfroschpopulation in Baden-Württemberg.

Dazu erst einmal ein kleines Video aus dem Mai diesen Jahres (Flash-Player nötig):
Rufende Frösche
Der Teich ist derjenige mit den natürlichsten Strukturen und zieht die meisten Frösche an. Ende April konnte ich über 100 Individuen zählen.
Die meiste Zeit war der Teich auch mit Fischen besetzt, darunter einige große Döbel. Die Fische sind alle diesen Winter gestorben. Was allerdings niemanden daran gehindert hat wieder neue einzusetzen. :evil:
Dieses Jahr habe ich noch keine Quappen gesehen, ich hoffe das liegt nicht an diesen Fischen.
Anyway, was hört man: Zwei keckernde Seefrösche im Vordergrund. Das Hintergrundgeräusch wird von den Revierrufen der Teichfrösche bestimmt, darunter mischen sich ein paar schnellere Impulsgruppen, die den Paarungsrufen entsprechen.

Dazu hier noch zwei Beispiele:

Paarungsruf-Teichfrosch
Hier folgen die Rufe sehr schnell aufeinander. Leider habe ich keine Vergleiche zu den kleinen Teichfröschen, die mich sehr interessieren würden, da ich finde, dass bei niedrigeren Temperaturen dieser Paarungsruf dem Schnarren des kleinen Teichfrosches sehr ähnelt.

Revierruf-Seefrosch

Im Mai kann man die Tiere bei ihren Revierkämpfen beobachten. Das können die bei sehr warmen Temperaturen über Stunden hinweg machen.
Revierkampf

Und jetzt ein paar Bilder:

Dieses Paar befand sich bereits in der ersten Aprilwoche diesen Jahres im Amplexus:
Bild
Das Seefroschweibchen wurde mir erst als Wechselkröte gemeldet. Es hat eine graue Grundfärbung mit grünen Flecken, die eine feine weißliche Umrandung haben. Das kommt auf dem Bild leider nicht so gut rüber, aber diese Seefroschdame war wirklich ein Hammer von einem schönen Frosch.
Der Teichfroschmann hat hier aufgrund der niedrigen Temperaturen noch keine allzu helle Grünfärbung.

Bild
Diese große Seefroschdame und ihr kleiner Teichfroschmann wurden von einem Männchen immer wieder attackiert. Die Seefroschdame ist braun mit dunkelbrauner Fleckung und hatte ein kaputtes Auge. In der Nacht legte sie vier kleine Laichballen in den Wasserpflanzen ab. Gesichtet habe ich sie in der ersten oder zweiten Maiwoche.

Eines der Gewässer wird auch von Erdkröten besucht, sodass Fehlpaarungen durchaus vorkommen:
Bild



Das Gullyprojekt:


Vor zwei Jahren habe ich in diesem Forum um Rat gesucht bezüglich eines Problems, das einen der Teiche betrifft. Dieser ist von über 20 Gullys umgeben. Mit einiger Hilfe haben wir die Gullys und einige Lichtschächte mit Amphibienleitern ausgerüstet. Die Anleitung für die Amphibienleitern findet man auf der Webseite der KARCH.

Hier sieht man so eine Amphibienleiter in einem großen Lichtschacht:
Bild

Die Schächte sind zwischen 20 und 25 Metern vom Teich entfernt und werden überwiegend von jungen Seefröschen und jungen Teichfröschen aufgesucht. Die Tiere verstecken sich dann in Abflüssen, die mit einem kleinen Gitter abgedeckt sind und in denen sich die Feuchtigkeit hält:
Bild

Dieser junge Seefrosch brauchte nur wenige Hüpfer bis er die Amphibienleiter im Lichtschacht erklommen hatte. Die Schwierigkeit dürfte für die Tiere eher im Auffinden der Leiter im Schacht liegen:
Bild
Nach Einbruch der Dunkelheit kann man die Tiere auch dabei beobachten, wie sie aus den Gullys kommen. Zumindest konnte ich das jetzt auch mal live bei einem adulten Teichfrosch sehen, was mich sehr gefreut hat.

Die jungen Frösche scheinen sich gerade in den Gullys mit Wasserbesatz noch sehr wohlzufühlen, was sich mit Beobachtungen deckt, die in "Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs" geschildert wurden. Beim Abwandern aus dem Teich werden oft unzureichende Gewässer, wie z. B. Pfützen von juvelien Tieren als Ersatzrevier aufgesucht. Bei uns sind es die Gullys, weil sich nichts anderes in der unmittelbaren Teichnähe befindet.

Zur Population im Allgemeinen:
Hierbei handelt es sich um mehrere Teiche die durchaus mehrere 100 Meter auseinander liegen. Insgesamt sind zwischen 300 und 400 Indviduen auf die Teiche verteilt, wobei es auffällig ist, dass der Teich mit den Gullys eine deutlich höheren Besatz an juvenilen Fröschen hat.

Es wird erzählt, dass bei uns Seefrösche aus dem Balkan ausgesetzt wurden, nachdem die Tierschutzgesetze an der Universität angezogen wurden und die Tiere aus den Laboren verschwinden mussten. Ich vermute, dass mag locker über 10 Jahre hersein. Ob es aber stimmt?
Genetische Untersuchungen, die an der Uni durchgeführt wurden, konnten bisher keinen genauen Aufschluss über die vorhandenen Arten geben. Durch die Hybridisierung ist wohl ein ziemliches Chaos entstanden, das sich nicht mehr interpretieren lässt.
Wobei ich nicht weiß, inwieweit die Tiere ausgewählt wurden für die Untersuchungen. Denn die Seefrösche erkennt man eigentlich anhand Färbung und Fersenhöckerform ziemlich gut.
Man sagte mir aber, dass die Einteilung der Wasserfrösche so wie wir sie heute kennen auf den Untersuchungen beruhen, bei denen sich die Wissenschaftler getraut haben, diese zu veröffentlichen. Klingt überheblich, ich habe es damit gleichgesetzt, dass der Wasserfroschkomplex wahrscheinlich eine kompliziertere Genetik hat, als bisher angenommen und das wird auch in Plötners Buch "Die westpaläarktischen Wasserfrösche" bereits angedeutet.

Vielen Dank für's Lesen. Anmerkungen willkommen. :wink:
Zuletzt geändert von Froschnetz am Sa, 14.08.2010 11:39, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Bildlinks korrigiert
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Donnydarko
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Beitrag von Donnydarko »

Sehr gute Bilder und Information. Bei den Videos haben meine Frösche das erste mal mitgerufen, nach dem zweiten Mal Wiederholung nicht mehr. So ist das immer wenn ich Froschstimmen abspiele. Das zweite Mal merken sie wohl, dass es eine Platte ist.
Gruss Donny
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Donnydarko
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Beitrag von Donnydarko »

Also bei dem ersten Bild ist das Weibchen ein Seefrosch. Das Männchen da drauf ein Teichfrosch (siehe den großen Fersenhöcker und die zugespitzte Nase). Bei dem Gullyjungfrosch wahrscheinlich ein Seefrosch. Eigenartig, dass die das Wasser so weit verlassen. Wahrscheinlich hat er Schutz gesucht, um nicht von den Älteren gefressen zu werden. Ja, Teichfrösche gehen sogar auf Kröten. Meine Hera allerdings hat den Teichfrosch Paolo abgewiesen und lautstark gegrunzt, als er sie besteigen wollte. Sie hat sich nicht mit ihm gepaart, sondern nur den Seefrosch-Mann an sich rangelassen. Obwohl meine Jungseefrösche alle grün sind, ist Paolo nicht der Vater. Mein Seefrosch-Mann ist nach der Paarung grün geblieben. Ja, man kann gut bei den Froschkonzerten, beim Ersten, das lachende Keckern des Seefrosches heraushören.
Schön, dass man sie so nah fotografieren kann. Hier ist es leider wegen der Grösse der Gewässer sehr schwer, auch hatten wir (fast gar keine) Seefrösche dieses Jahr im Kanal und auch keine Teichfrösche am Teufelssee. Lediglich die Stadtteichfrösche konnte ich fotografieren.
Gruss Donny
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