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Grasfrösche Kaulquappen
Verfasst: Di, 22.04.2008 18:00
von Sabine
Hallo Leute,
mit Grasfröschen habe ich noch keinerlei Erfahrung.
Nun haben in unserem kleinen Anzuchtteich das erste mal Grasfrösche abgelaicht (7 Ballen). Die eiskalten Nächte hat der Laich scheinbar gut überstanden, jetzt sind es jede Menge Kaulquappen.
Nun meine Frage: Die Meisten sind in der Mitte des Teiches als regelrechter Pulk versammelt, dort brodelt das Wasser. Nur Einige sind im Teich verteilt, und an den Rändern, wenn die Sonne scheint. Ist dieses Verhalten normal, oder deutet es auf irgendein Problem hin ? Nahrung ist genug da (Algen).
Eigentlich hatten wir den kleinen Teich für Wasserfrösche gebaut, weil wir dachten es gäbe hier keine Grasfrösche, und in den beiden größeren Teichen gibt es Molche, Libellenlarven und noch andere Wasserinsekten.
Nun sind auch die ersten Wasserfrösche wieder aufgetaucht (Rana ridibunda ist dominant). Sie quaken zwar noch nicht, aber irgendwann in der nächsten Zeit werden auch sie ablaichen, außerdem sind auch noch Erdkrötenkaulquappen in den Teichen unterwegs. Das wird langsam ziemlich eng hier. Hat schon mal jemand von Euch alle drei Arten auf einmal in seinen Teichen gehabt ? Geht das gut ?
Ein neuer Anzuchtteich wegen Überbevölkerung des vorhandenen wird sich wohl nicht vermeiden lassen.
Und noch etwas: Kann man irgendwie die Anzahl der Molche kontollieren, ohne Ihnen zu schaden ?
Liebe Grüße - Sabine
Verfasst: Mi, 23.04.2008 09:41
von alex
Hallo Sabine,
Grasfrosch, Erdkröte und Wasserfrosch sind die komunen Froscharten (Anurenarten) welche in fast jedem Teichkomplex nebeneinander existieren.
Die Molche sind unter anderen die natürlichen Feine der Frösche in dem sie Ihre Kaulquappen feressen.
In "wilder" Natur leben Futter und Fresser in einem Gleichgewicht.
Das Dilemma fänkt mit dem Gärtner an, welcher die Teiche und Tümpel immer auf der gleichen Suxessionsstufe durch seine Pflegemassnahmen lässt.
Auf diese Weise sind 90% aller Gartenteiche eher Reproduktionsfallen.
In denen der Gasammte Froschnachwuchs gefressen wird.
Da in unserer Kulturlandschaft die Natur keine neuen Laichgewässer anlegen darf ( Ueberschwemmungen mit Bodenumlagerung)
gibt es 2 Möglichkeiten:
1. man verzichtet einige Jahre auf die Anuren
2. der Gärtner unterstützt durch gezielte Massnahmen die Anuren und muss dabei die Nachkommen der Molche und Libellen töten in dem er das Gewässer im August austrocknen lässt.
Gruss Alex
Verfasst: Mi, 23.04.2008 10:36
von Sabine
Hallo Alex,
danke für Deine Antwort.
Das Dilemma fänkt mit dem Gärtner an, welcher die Teiche und Tümpel immer auf der gleichen Suxessionsstufe durch seine Pflegemassnahmen lässt.
Ich verstehe Dich so: Ein natürliches Gleichgewicht Futter / Fresser ist in einem Garten, auch mit mehreren Teichen gar nicht zu erreichen, weil die Widrigkeiten der Natur dort nicht zum Tragen kommen. Der Gärtner sorgt für eine gewisse Kontinuität - auch ohne Pflegemaßnahmen.
Um ein Überleben möglichst vieler Arten zu ermöglichen, ist die Dynamik der Natur erforderlich, die mal der einen, mal der anderen Art zugute kommt, wegen der unterschiedlichen Überlebensstrategien.
Ohne diese Dynamik hätte auch die Evolution nicht stattfinden können.
Habe ich Dich da grundsätzlich richtig verstanden ?
Das würde bedeuten, daß die vielen Teichbesitzer, die sich ja an der Natur freuen, und sie eigentlich fördern wollen, genau das Gegenteil erreichen. Durch die Gleichmäßigkeit der Bedingungen findet eine gewisse Degeneration im geliebten eigenen Biotop statt (?)
Also simuliert man Trockenzeiten, Überschwemmungen, Dürre u.s.w., indem man Teiche austrocknen läßt (Trockenzeiten), Babyteiche anlegt (Überschwemmung), oder Brachflächen zuläßt (Dürre).
Aber was ist dann mit den angeblich Laichplatztreuen Arten ? Da sieht es dann doch so aus, als bräuchten diese Arten die Kontinuität.
Schwierig das ganze ....
Gruß - Sabine
Verfasst: Mi, 23.04.2008 11:10
von alex
Hallo Sabiene,
Irgendwie scheine ich mich heute wiedermal nicht klar genug auszudrücken, sorry.
Beginnen wir nochmals mit der Dynamik:
Neue Gewässer werden zu erst von den agieleren Anuren gefunden und als Brutstätte genutzt.
Ebenfalls erscheinen ab dem 1. Jahr die Libellen und Wasserkäfer.
Doch deren Larven werden erst im 2. Jahr (2Järiges Larvenstadium) für die Kaulquappen gefährlich.
Auf diese weise kommen alle Dort abgelaichten Eier im 1. Jahr durch.
Sagen wir mal 3 Laichballen a 3000 Eier.
So verlassen dann 9000 Fröschchen das Wasser.
An Land überleben nur 50% den ersten Winter bleiben also noch 4500Tiere bis zur Geschlechtsreife im 3. Jahr sterben noch einmal 50%
Wir haben dann also 2250 Tiere welche wieder Laichen wollen.
Die meisten Tiere werden in das angestammte Gewässer laichen, doch 4% einer Population sucht sich neue Habitate so werden in diesem Rechenbeispiel 88 Tiere einen eventuell frisch entstandenen Tümpel aufsuchen.
Die Population wächst in diesem Beispiel auch wenn im Ursprungstümpel die mittlerweile zugewanderten Molche zusammen mit den anderen Predatoren alle Nachkommen der Frösche verzehren.
Erst in stark verkrauteten gewässerstadien haben die Frösche wieder Reproduktionschancen.
Nun kommt der Gärtner
1. lässt er stellvertretend für uns alle keine natürliche Neubildung der Gewässer zu.
2. Lässt er den Teich nicht verkrauten.
Darum hilft nur eine Esatzmassnahme -> Resett durch Austrocknen.
Das Schlüsselwort ist nicht mehr ein Stehgewässer sondern ein Temporährgewässer. Dieser Tümpeltyp ermöglicht es den Anuren in unserer Zeit erfolgreich zu reproduzieren.
Der Teichkomplex muss um erfolgsversprechend zu sein grossflächig angelegt sein ab einem Ha ist eine gewisse naturnahe Wirkung zu erwarten. Alles andere sind wie Nistkästen für ganz wenige Arten.
Was nicht heisenmuss dass es schlimm währe, doch man muss sich etwas von den festgefahrenen Vorstellungen etwas lösen um zu verstehen warum das Eine "klapt" und das Andere nicht.
Mit den Laichplatztreuen arten meinst Du sicherlich die Erdkröte.
Diese hat eine besondere Strategie entwickelt (Bufoin) welche Ihr erlaubt in grösseren permanent Wasser führenden Gewässer erfolgreich zu reproduzieren.
Gruss Alex
Verfasst: Do, 24.04.2008 10:24
von Sabine
Danke Alex.
Ich hatte Dich schon richtig verstanden, Du hast es jetzt nur noch ausführlicher und anschaulicher beschrieben.
Die GF und WF können sich also nur erfolgreich reproduzieren, wenn sie in einem Teich ablaichen der jünger als zwei Jahre ist. Oder anders ausgedrückt: Wenn einige Exemplare dieser Population zufällig auf einen solchen Feindarmen Teich stoßen und dort ablaichen, fällt es nicht so sehr ins Gewicht, wenn die meisten anderen Nachkommen gefressen werden.
Wenn ich nun die zwei größeren Teiche nicht leerpumpe, und stattdessen noch weitere kleine flache Teiche anlege, und diese dann im Herbst leere, müßte das doch dann ok sein oder ? Da die WF wahrscheinlich wieder in den größeren Teichen ablaichen, müßte ich den Laich bzw. einige Kaulquappen dann umsetzen.
Mit den Laichplatztreuen arten meinst Du sicherlich die Erdkröte.
Diese hat eine besondere Strategie entwickelt (Bufoin) welche Ihr erlaubt in grösseren permanent Wasser führenden Gewässer erfolgreich zu reproduzieren.
Von diesem Gift lassen sich aber nicht alle Predatoren beeindrucken. Ich habe beobachtet, daß zumindest Libellenlarven die EK Quappen trotzdem fressen.
Die Rufe müssen nicht so laut sein, da die Grasfrösche sehr standorttreu sind und meist immer wieder das selbe Laichgewässer aufsuchen. Sie müssen daher die Weibchen nicht von weit her anlocken wie beispielsweise die vagabundierenden Arten die ihre Laichplätze ständig wechseln.
Das habe ich auf dieser Seite unter Arten - Grasfrosch gefunden.
Ich hatte bisher den Eindruck, daß gerade Grasfrösche Feindarme Gewässer zum Ablaichen aufsuchen müssen, weil sie halt kein Gift zur Abwehr haben. Wie paßt das zusammen ? Laichplatztreue heißt doch, daß die meisten immer dieselben Gewässer aufsuchen, und das können ja eigentlich nur Permanentgewässer mit reichlich Freßfeinden sein.
Gruß - Sabine
Verfasst: Do, 24.04.2008 13:08
von alex
Von diesem Gift lassen sich aber nicht alle Predatoren beeindrucken. Ich habe beobachtet, daß zumindest Libellenlarven die EK Quappen trotzdem fressen.
Das stimmt, aber die Fische fressen gerne Molch und Libellenlarven, somit sind Fischteiche indirekt aus EK -Sicht Feind arm.
Das habe ich auf dieser Seite unter Arten - Grasfrosch gefunden.
Ich hatte bisher den Eindruck, daß gerade Grasfrösche Feindarme Gewässer zum Ablaichen aufsuchen müssen, weil sie halt kein Gift zur Abwehr haben. Wie paßt das zusammen ? Laichplatztreue heißt doch, daß die meisten immer dieselben Gewässer aufsuchen, und das können ja eigentlich nur Permanentgewässer mit reichlich Freßfeinden sein.
Du vergisst die natürliche Suxession!!!!
Das Stadium in dem Gartenteiche künstlich gehalten werden ist in der Tat die Phase in der nur wenig bis garkeine GF durchkommen.
Mit zunehmender Verkrautung siehts aber besser aus. So sind nur 3-4 jahre durchzuhalten!
Gruss Alex
Verfasst: Do, 24.04.2008 14:10
von Benedikt
Sabine hat geschrieben:Ich hatte bisher den Eindruck, daß gerade Grasfrösche Feindarme Gewässer zum Ablaichen aufsuchen müssen, weil sie halt kein Gift zur Abwehr haben. Wie paßt das zusammen ? Laichplatztreue heißt doch, daß die meisten immer dieselben Gewässer aufsuchen, und das können ja eigentlich nur Permanentgewässer mit reichlich Freßfeinden sein.
Grasfrösche nutzen eine Vielzahl von Gewässertypen und die Kaulquappen haben Feindvermeidungsstrategien (Verhalten, Morphologie).
Wenn ein Gewässer mal Fische hat, sind die jedes Jahr im Gewässer anzutreffen. Bei Libellen ist das anders. Das hast du mal viel und mal wenig Libellen im Weiher; es gibt auch permanente Weiher ohne Grosslibellen.
Grundsätzlich sollte man diese Sachen nicht so absolut betrachten. Es ist nicht so, dass es Fressfeinde hat oder keine Fressfeinde hat. Die Menge der Fressfeinde unterscheidet sich von Weiher zu Weiher stark. Bei den Libellen ist es beispielsweise so, dass die Dichte von Weiher zu Weiher irgendwo zwischen 0 und 20 (Gross-)Libellenlarven pro m2 liegt.
Gruss, Benedikt
Verfasst: Fr, 25.04.2008 09:37
von Sabine
Hallo Alex und Benedikt,
ich danke Euch für Eure Ausführungen.
Ich finde es wichtig, die Hintergründe zu verstehen, damit man nicht nur nach eigenen Bedürfnissen handelt. Deshalb kommen immer mal wieder "dumme Fragen" von mir.
Natürlich möchte ich ungern auf die frühsommerlichen Froschkonzerte verzichten, und auch möglichst viele Arten und Exemplare hier haben. Aber ich möchte auch die Natur verstehen und fördern, und keinen "Streichelzoo" züchten.
Viele Grüße - Sabine